Entnommen: "Heimat." Beilage des "Volksbote", Trautenau; Jahrgang 1925, Seite 76

Bittgesuch eines Müllers aus Marschendorf I an die Grundobrigkeit
aus dem Jahre 1779

von Dr. Stransky, Trautenau

Durch Herrn Bürgermeister Siegel, Trautenau, wurde mir ein in seinem Besitze sich befindliches Bittgesuch des Florian Kneifl, Müllers im 1. Theile Marschendorfs, zur Verfügung gestellt, welches dieser im Jahre 1779 an seine Grundobrigkeit richtete, um von dieser die Erlaubnis zum "Hausbrodbacken" zu erlangen, und das seiner Form und seinem Inhalte nach wohl verdient, in unserer "Heimat"-Beilage ein bescheidenes Plätzchen zu erhalten. Das Gesuch, mit einem 3 Kreuzer-Stempel versehen, ist gerichtet an "Ihro Hochreichsgräflichen Gnaden den Hoch- und Wohlgeborenen Herrn Johann Nepomuk Berthold Schafgotsch, des Heiligen Römischen Reichs Grafen und Herrn von Künast und Greifenstein, Erbherren der Herrschaften Bielohrad, Marschendorf und Altenbuch, Ihro Römisch- Kais.- Königl.- Apost. Majestät würklichen Kämmerer und Hof-Lehen-Rechtsbesitzer im Königreich Böheimb" und lautet:

"Euer Hoch-Reichsgräflicher Gnaden in all unterthänigster Ehrfurcht vorzubringen, mich mein elender Gesundheitszustand dazu benöthiget, zu malen ich als Hand- und Kräftenloßer Unterthann im 1ten Theil Marschendorf die vorhero Hochobrigkeitliche nun erblich ao 1766 von dem Anton Libich erkaufte Mühl zu 600 fl. mit allen Bedingnußen und Hochobrigkeitlichen jährlichen Mühl-Zinß per 100 fl. mir kümmerlich erworben habe, um damit ich mein mühseliges Leben weiterfortsetzen kunte; zu mahlen bey jezigen Umständen der Müller seine vorherige Mahlgäste tenore allerhöchsten Gesaz nicht zur anhaltenden Vermahlung nicht bezwingen kann, wo mir viele zugehörige Mahlgäste, welche würklich aus dieser Gemein, und zwar die vorgesezte, zur Vermahlung gehören, dannoch nicht erscheinen, so müßte unumgänglich bey diesen verdorbenen Umständen ein ehrlicher Meister mit denen entrichtenden praestandis (Steuern), ohne sonstigen Gewörb fast zum Verderben gerathen.

Und da ich mich zeithero mit der Hauß-Brod-Bäckerey vor die arm Bedrängteste - auch mehrenteils fremde Leuthe, bereits vom 1ten Jahre eingelaßen habe, um damit meine Gebühr und beßere Nahrung erwerben könne, welches aber mir von dem Würtschaftsamte durch des Richters Franz Heintsch purer Mißgunst auf das Schärfste untersaget und verbothen worden ist, allwo mich dießes jämmerlich schmerzet. Daß ich als ein Kraftloser von dieser Bäckerey verstoßen werden solle, da dieses Gewörb andere auf der Herrschaft befindliche Müllern ebenfalls betreiben.

Solchem nach unterwinde mich in Euer Hochreichsgräflichen Gnaden gnädigsten Schuz, mit unterthänigstem Rockkuß, Hochselbte geruhen mir die hohe Gnad gnädig zu vergönnen, womit mir bey meiner geringen Müllerey auch das Hauß-Brod zu backen (: jedoch ohne all geringster unvorschreiblicher Maaßgaab und gegen willig entrichtenden gewöhnlichen Zins:), gnädig gestattet und von obrigkeitlichem Würtschaftsamte erlaubet werden möchte, vor welche hohe Gnad zeit meines Lebens samt Weib und Kindern umstätts beglückte Regierung Gott dem Allmächtigen anzuflehen nicht ermangeln werde, bis in tiefster Ehrfurcht erstorben. Euer Hochreichsgräflichen Gnaden unterthänigster gehorsamster leibeigen angehöriger Unterthan Florian Kneifl, Müller in 1ten Theil Marschendorf."

Auf dieses Gesuch, das an Unterwürfigkeit gewiß nichts zu wünschen übrig läßt, erfolgte unter dem 14. Feber 1779 die Erledigung: "Dem Supplikanten (Bittsteller) wird erlaubt gegen Erlag des Backzinses nur Brod aber keine Semmle zu backen. Berthold Graf Schaftgotsch."

< Home >     < Kirchweih >     < Pfarrer >

© Copyright 2001-2005 by http://marschendorf.riesengebirgler.de / www.riesengebirgler.de