Entnommen: "Heimat." Beilage des "Volksbote", Trautenau; Jahrgang 1923

Der Kampf in Dunkelthal

(Aus einem Kalender vom Jahre 1858 entnommen.)

"Als die Preußen" – so erzählt ein Weber aus Großaupa, dem Schreiber dieser Zeilen – "zur Zeit des Kartoffelkriegesum Trautenau und in der Gegend von Forst standen, litten sie große Not an Lebensmitteln, namentlich an Vieh. Ein Fleischhauer, der ihnen Fleisch lieferte, ging deshalb nach Großaupa und kam mit der Nachricht zurück, es sei Vieh genug dort oben im Gebirge, so wie überhaupt an Geld und Geldeswert die Menge. Die Bewohner von Trautenau, Altstadt, Jungbuch und was noch für Orte da im Aupatal liegen, hatten nämlich ihr Vieh und alle ihre Habseligkeiten dorthin geflüchtet, es daselbst sicher glaubend. Als das die Preußen hörten, beschlossen sie einen Zug ins Gebirge zu unternehmen, um sich zu verproviantieren. Ein Mann aus dem Gebirg oben, der einen Handel trieb und viel in der Gegend herum und, so auch ins Preußenlager kam, erfuhr von diesem Vorhaben und eilte sogleich nach Hohenelbe, wo die Kaiserlichen ihr Hauptquartier hatten, um dort militärischen Beistand zu erhalten. Dieser ward ihm zugesagt und nun eilte er auf den Bergrücken oberhalb Lauterwasser, Schwarzenthal, Großaupa von Baude zu Baude, um die Leute, zur Verteidigung des Dunkeltals, durch das die Feinde kommen mussten, aufzufordern. Die Preußen wußten von all dem nichts, sondern glaubten, in der Gegend sei weder ein Soldat, noch werde sich sonst ein Mann zur Wehr stellen. Doch sandten sie noch abends zuvor einen Spion aus, zu erforschen, ob etwa noch Österreicher daständen. Dieser bestätigte sie in dem Wahne durch die Nachricht, es sei dort ganz ruhig und keine einzige Uniform zu sehen (was auch ganz wahrheitsgemäß war, denn die Kroaten kamen erst in der Nacht an), nur die Brücken seien größtenteils abgerissen. Denn es hatte damals viele Wochen lang geregnet und die Gebirgswässer waren alle angeschwollen. Die Preußen rückten daher getrost vor und nahmen von Marschendorf Bauern mit Äxten und Sägen mit, dass sie, wo notwendig, schnell Bäume zum Brücken schlagen fällen. Als der Rittmeister, der den Zug führte, bei dem letzten Häuschen im Dunkeltal vorbeiritt, guckte eben ein steinaltes Mütterchen zum Fenster heraus. "Na Alte," fragte sie der Offizier spöttisch, "wie weit ist’s noch bis zum jüngsten Gericht?" – "Bis zur Höhenbrücke dort", erwiderte das Mütterchen, welches meinte, der Offizier stellte eine Frage nach der Gegend. Ihre Worte wurden aber zu einer Prophezeiung, die sich alsbald erfüllte, denn kaum einige hundert Schritte von dem Häuschen, bei der Höhenbrücke, krachte plötzlich ein Schuß vom Preiselgraben, eine Kugel pfiff und der Rittmeister stürzte tot nieder.

Der gefallene preußische Offizier wird in Stephan Brauns Gedenkbuch "Baron Unruh, Herr von Rudolfstadt" genannt. Er soll in der Nähe des Platzes, wo er gefallen war, begraben worden sein; später ward diese Stelle durch eine Tafel bezeichnet, seine Überreste aber wurden ausgegraben und nach Preußen überführt."

Damit scheiterte die ganze gegen Großaupa gerichtete Expedition. – Wenige Tage danach trat das preußische Heer, das seit dem letzten Drittel des August (1778) in der Gegend von Lauterwasser und Langenau gestanden war, den Rückmarsch über Schatzlar nach Schlesien an. Der Weg, den es von Trautenau nach Schatzlar einschlug, heißt noch heute der Preußenweg. König Friedrich hatte während dieser Zeit bis zum 8. September 1778 sein Hauptquartier in dem sogenannten "Hösel" Nr. 104 zu Lauterwasser aufgeschlagen.


Entnommen: Das Riesengebirge in Wort und Bild Nr. 3 u. 4 (9 u. 10), Seite 70, "Feuilleton"

Das Scharmützel in Dunkelthal

Mitgetheilt von J. Böhm

Im "Protokolle der Gemeinde Marschendorf II. Theil" findet sich das nachstehende Gedicht, welches Theodor Albrecht zum Verfasser hat, und das sich auf das Scharmützel bezieht, von dem uns Franz Klutschak in dem "Neuen Prager Kalender für 1838" berichtet.

Obgleich nicht besser und nicht schlechter als hundert andere ähnliche Erzeugnisse, ist das Product doch wert, in diesen Blättern veröffentlich zu werden, wäre es auch nur aus dem Grunde, die betreffende Begebenheit in Munde der österreichischen Riesengebirgsbewohner lebendig zu erhalten.

"Unsres Lebens trübe Stunden gern vergessend, ruh´n wir da,
denken, was vor hundert Jahren hier in diesem Thal geschah,
Unter diesem Wahlstattssitze braust der wilde Aupfluss,
und des Fortsbergs Riesengipfel gibt den Wolken seinen Kuss.
Seht, ein Kranz von schlanken Fichten säumt des Berges Stirne ein,
ewig wechseln dort die Nebel mit der Sonne Rosenschein.
Unter jenem Fichtenkranze reift der Beeren hangend Reich,
tausend Stöck´, wie Leichensteine, blicken aus dem Zwerggesträuch.
Scharf gezackte Felsenmassen starren aus dem Abhang vor,
leicht gedeckt von Zweig und Ästen, wie ein Bild, verhüllt mit Flor.
Steil herab im Preussengraben dehnet sich die Felsenschlucht,
von des Frühjahrs Waldsturzbächen und vom Wilde nur besucht.
Hier, zu uns´rer Väter Zeiten, hielt der Tod ein kleines Mahl. -
Horch! hört ihr des Feindes Truppen rasseln durch das Dunkelthal?
Schwarze, preussische Hussaren sind es, deucht mir, hoch zu Ross;
langsam zieh´n sie her, begleitet von des Fussvolk´s schwerem Tross.
Hin, wo Schätze sind geborgen, nach Grossaupa geht es fort,
rechts der Aupa hohen Brücke donnert "Marsch!" des Hauptmanns Wort.
Doch hier nützet kein Commando; denn es fehlt der Brücke Bau,
und im angeschloss´nen Passe hönt ein mächtiger Verhau.
An der Aupa rechtem Ufer spricht aus Augen Kampfeswuth,
hinter Bäumen zielen Läufe über Aupa´s hohe Fluth.
Plötzlich krachen volle Schüsse, und der graue Tod ist los,
und der Hauptmann gut getroffen, stürzt herab von seinem Ross.
Mit dem Sturze jagt die Preussen bleicher Schrecken in die Flucht;
schreiend, kämpfend die Kroaten treiben sie aus dieser Schlucht
Und in schrecklicher Verwirrung stürzte der Letzte bleich voran,
blind sich stossend in die Aupa drängen sie sich aus der Bahn.
Czakos, Trommeln seh´ich schwimmen, den Besitzern zieh´n sie nach,
und jetzt endlich wird es stiller, hier nur stirbt ein letztes "Ach!"
Armer, der hier an der Aupa jung dem Kriegertod erlag,
drohtest andern mit dem Sterben, fandest selbst den letzten Tag.
Kein Gepränge, kein Geläute sandten Dir die Thürme zu;
nur der Heerden Friedensglocken läuten nun Dir süsse Ruh.
Keines lieben Auges Thränen fliessen auf Dein steinig Grab;
doch des Himmels reinste Tropfen Thänen nun auf Dich herab".


Anmerkung:

Das Gedicht, welches die Thatsache übrigens nicht treu wiedergibt – es führt z.B. Kroaten als Kämpfende an – bezieht sich auf eine Begebenheit aus dem bairischen Erbfolgekriege, auch Erdäpfelrummel oder Kartoffelkrieg genannt, weil sich die preußischen Soldaten, statt Schlachten zu schlagen, in den böhmischen Strandlagern und Quartieren hauptsächlich blos um die Kartoffeln stritten. Aus den unteren Ortschaften des Aupathales, sowie aus Lauterwasser, Schwarzenthal etc., hatten sich viele Einwohner vor den anrückenden Preussen mit ihrer Habe ins obere Aupathal geflüchtet und in dem Passe "bei der hohen Brücke" in Dunkelthal einen Verhau angelegt, den sie auch am 03. September 1778 "unter Anführung dreier Männer (Ignaz Etrich, Johann Etrich und Christian Richter) durch Schüsse und wohlgezielte Steinwürfe gegen die eingedrungenen Preussen so tapfer vertheidigten, dass diese, nachdem noch ihr Commandant, Baron Unruh von Rudolfstadt, von einem Schusse des Papiermüllers Peikert aus Lauterwasser gefallen, den Rückzug antreten mussten". Eine an der Fichte angebrachte Tafel, auf der zwei gekreuzte Schwerter und die Jahreszahl zu sehen sind, erinnert noch heute an jenen Vorfall.       Anmerkung der Redaktion

Ausführliche Beschreibung zum Scharmützel von Dunkelthal befindet sich auch in den Hinterlassenschaften von Eduard Rudolf Petrak im Bezirksarchiv in Trautenau.

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