Quelle: "Riesengebirgsheimat" Jahrgang 2002

Zum Thema "Bauernhochzeit" ein Beitrag von Hugo Scholz aus "Tal der Väter", Scholle-Verlag-Hopferau / Allgäu:

Hochzeit mit Druschmann und Züchtsfrau

Die Feierlichkeit begann schon vor dem Hochzeitstag mit dem Abholen des Hausrates. Schwere Leiterwagen mit prächtig beschirrten Pferdegespannen fuhren am Hause der Braut vor. Kasten und Truhen wurden aufgeladen. Doch das wichtigste fehlte noch: die Betten. Die hatte die Brautmutter im Nebenstübchen versperrt, zu dem sie den Schlüssel in der Tasche trug. Der Bräutigam sollte gezwungen werden, eigens darum zu bitten. Sträubte er sich auch anfänglich, so blieb ihm doch zum Schlüsse nichts anderes übrig. Die Betten wurden in große Tücher gebunden, und wurden ganz zuoberst auf den vorderen Wagen gelegt. Nachdem sich der Bräutigam noch für alles bedankt hatte, ging´s durchs Dorf, wo man schon neugierig Ausschau hielt. Die Alten staunten oder bemängelten, während die Jungen "verschnürten", Seile über die Straße spannten und diese nicht eher freigaben, bis man ihnen ein Lösegeld hingeworfen hatte, um die das Balgen losging.

Im Hause des Bräutigams angekommen, machten sich die anwesenden Verwandten der Braut daran, die beladenen Sachen ins Haus zu schaffen, aufzustellen und zu ordnen. In den Betten fanden sie einen Zuckerhut oder ein seidenes Tüchel, das für sie bestimmt war.

Vor der Hochzeit wurden im Hause der Braut und des Bräutigams Kuchen gebacken. Alle weiblichen Verwandten mussten dabei helfen. Zu einer großen Hochzeit waren hundert Kuchen nötig. Nachbarn und Verwandte, auch die Armen im Dorf wurden beteilt damit. Am Abend vor dem Hochzeitstag brachte der Bräutigam der Braut "das Gelöbnis", bestehend aus einer Halskette, ein Paar Ohrgehängen, einem silberbeschlagenen Gebetbuch, einem Rosenkranz und ein Paar Schuhen. Er selbst empfing von der Braut ein Hemd, ein Paar Manschettenknöpfe, einen Kragen, eine Krawatte und ein Taschentuch. Frühzeitig am Hochzeitstag war im Hause alles wach, der Bräutigam war wohl gar nicht erst schlafen gegangen. Der Druschmann kam an. Im Alltagsleben war er ein kleiner Handwerker, bei der Hochzeit eine wichtige Persönlichkeit, fast wie ein Hofmarschall und Zeremonienmeister.

Nach ihm trafen die Zeugen und die Hochzeitsburschen mit den Hochzeitsjungfern ein. Der Druschmann besprach mit dem Brautvater und dem Bräutigam die verschiedenen Dinge des bevorstehenden Tages und des Kichgangs, er sorgte und kümmerte sich, dass auf nichts vergessen wurde.

Der Bräutigam wurde den Eltern gegenübergestellt. Der Druschmann nahm den Zylinder ab und hielt eine wohlgesetzte Rede: Hochgeehrter Herr Bräutigam! ... (nun folgte eine Erinnerung an Jugend und Eltern und daran, dass nun ein neuer Lebenswandel anhebt und die Aufforderung, die Eltern um ihren Segen zu bitten).

Vater und Mutter langten in den Sprengkessel, den der Druschmann von der Wand genommen hatte, besprengten den Sohn und machten über ihm das Kreuzzeichen.

Die Hochzeitsgesellschaft bestieg die Kaleschen und fuhr zum Brauthaus... Im Brauthaus hielt man schon Ausschau. Die Braut trat zum Fenster und schaute die Dorfstraße hinunter. Ein alter Aberglaube besagte, dass es Glück bedeutete, wenn sie als erste den Bräutigam erblickte. Die Kaleschen fuhren vor. Der Druschmann trat allein ins Haus. "Gelobt sei Jesus Christus!" grüßte er. "Der neuwerdende Herr Bräutigam lässt melden, dass er mit seinen Hochzeitsgästen angekommen ist, um von Euch das Versprechen zu erhalten, welches vor einigen Wochen hier verhandelt wurde. Er bittet um einen freien Eintritt und einen kleinen Reisepass."

"A soll ock gleich mit sein´n Gästen hereinkommen und uns willkommen sein", sagte der Brautvater und schenkte Wein ein. Nachdem der Druschmann seine "Matze" (= Vortrunk) davon genommen hatte, reichte er das Glas an den Bräutigam, der ebenfalls daraus trank und es an die anderen weitergab. Nachdem sie alle einen Schluck genommen hatten, traten sie in die Stube. Der Druschmann wies an der Frühstückstafel den Frauen die Plätze an, während die Männer mit dem Bräutigam stehen blieben. Die Braut kam hinter dem Tisch in den Brautwinkel, neben die "Züchtsfrau", in der weiteren Reihenfolge die Patinnen und Frauen, während zur Rechten die Hochzeitsjungfern und ledigen weiblichen Hochzeitsgäste der Braut Platz nahmen. Der Druschmann rief die Züchtsfrau zur Seite, besprach mit ihr die "Auswerbung". Dann ergriff er wieder das Wort zu einer Ansprache: er erinnert an das Heiratsversprechen, an das kirchliche Aufgebot, bittet den Braunater nochmals um die Hand der Braut, verspricht Liebe und Treue und bittet endlich um ein Zeichen der Braut für den Bräutigam. Nun folgen Gaben seitens der Züchtsfrau, ein Glas Wein, Gebäck, das Myrthenkränzchen. Da der Bräutigam dies alles zurückweist, bittet der Druschmann nunmehr um die Braut selbst.

Nachdem die Gäste der Meinung des Druschmanns zugestimmt haben, trat die Braut hinter dem Tisch hervor und an die Seite des Bräutigams. Der Druschmann holte schon wieder zu einer Rede aus, diesmal an die "Geehrte Jungfer Braut".

Sie nahm Abschied von den Eltern, dankte für alles Gute und bat, ihr alle Fehler zu verzeihen. Dann wandte sie sich an den Bräutigam, sie als Gattin aufzunehmen und Nachsicht mit ihr zu haben, wofür sie ihm eine treue Lebensgefährtin zu werden versprach.

Wieder wurde das Sprengkesselchen von der Wand genommen. Die Eltern besprengten das junge Paar mit Weihwasser und machten das Kreuzzeichen, worauf die Brautleute einander die Hände reichten, auf die der Brautvater seine Hand legte. "Ich gebe dir meine Tochter aus meiner Hand in deine Hand, aus meiner Gewalt in deine Gewalt, im Namen der heiligsten Dreifaltigkeit". Der Druschmann bekräftigte diesen Akt der Eheschließung ... Die Glocke rief zur Brautmesse. Die Jungfern hatten den Kutschern bunte Bändchen an die Peitschenriemen geknüpft, auch die Halfter der Pferde geschmückt. Den Mannsleuten wurde ein Rosmarienzweig mit einer weißen Schleife an die Brust geheftet. Der Druschmann mahnte zum Aufbruch. Die Kaleschen wurden bestiegen, mit Schimmeln durfte keine bespannt sein, weil das Unglück in die Ehe brachte.

Im Dorfe meldeten Aufpasser das Herannahen des Zuges. Aus Häusern und Höfen liefen die Leute zur Straße. Die jungen "verschnürten" wieder mit Stricken und forderten Lösegeld. Der Haufen war nur zu durchbrechen, wenn immer wieder eine Handvoll Geldstücke hingeworfen wurde, auf die sich die Jugend stürzte.

In der Kirche musste die Braut trachten, dem Bräutigam auf die Rockschöße zu knien, um im Haus das Vorrecht zu erlangen. Der Bräutigam raffte sich aber die Schösse gut zusammen und machte das Vorhaben der Braut zu nichte. Wichtig war, ob die Kerzen am Altare ruhig brannten oder flackerten. Es ließ auf Frieden oder Streit in der Ehe schließen.

Nach der Trauung ging es in die Schenke und dann erst in das Hochzeitshaus. Hier ordnete sich der Zug vor der Haustür. Die Schwiegermutter der Braut trat heraus. Die Braut bat, sie als Tochter anzuerkennen und versprach, sie als Mutter zu betrachten ...

Braut und Bräutigam überschritten mit dem rechten Fuß die Schwelle des Hauses. Die Kutscher holten die weiteren Hochzeitsgäste herbei. Zu den besonders Ehrenwerten musste ein Hochzeitsbursche mitfahren. Waren die Gäste alle beisammen, ging´s über das eigentliche Hochzeitsmahl. Wieder wies der Druschmann die Plätze an. Die Sitzordnung war dieselbe wie beim Frühstück im Hause der Braut. Der Bräutigam aber musste zusammen mit den Hochzeitsburschen und dem Druschmann die Gäste bedienen. Die Braut wurde jedoch von der Züchtsfrau bedient. Nicht einmal das Fleisch durfte sie sich selbst schneiden. Die Braut langte nach dem Brotrücken, dem "Rampftel", das auf dem Brotteller obenauf lag. Sie verbarg es in ihrem Kleid, um es einem Armen zu schenken. Es würde ihr Segen bringen.

... Die ledigen Burschen versuchten die Braut zu "stehlen". Die Züchtsfrau und die Brautjungfern ließen die Braut keinen Augenblick unbewacht. Schließlich gelang es einmal doch. Damit war die Braut "gestohlen". Züchtsfrau und Hochzeitsjungfern waren dem Spott des Druschmanns ausgesetzt. Aber Weiberlist war am Werke. "Na, da trink amal mit mir, Huchstkall, wenn du schon da bist", forderte die Züchtsfrau einen der Hochzeitsburschen auf und schob ihm das volle Glas hin. Kaum hatte er es an die Lippen gesetzt, ging das Gekreisch der Frauen von neuem los. "Er hat die Braut vertrunken, er muss sie wieder hergeben."

Der Abend rückte heran und mit ihm der letzte Gang. Zum Schluss kam der Kaffee mit neuen Bergen von Kuchen. Jetzt wurde der Bräutigam von seiner Pflicht erlöst und durfte sich neben die Braut im Winkel setzen. Auch die Hochzeitsburschen nahmen neben ihren Hochzeitsjungfern Platz.

Zuletzt gings ins Wirtshaus zur Brautschau. "Und wie mr sein aus der Kirch ´gangen, Paar für Paar, so gehen mr andächtig zum Schulza auf a Saal", sagte der Druschmann. Dort waren schon viele Leute aus dem Dorf und den Nachbardörfern beisammen, die den ankommenden Hochzeitszug erwarteten. Der Druschmann nahm die Braut in die Arme, tanzte dreimal mit ihr herum, gab sie dann dem Bräutigam, der mit ihr weitertanzte. Der erste, der zweite und der dritte Hochzeitsbursche mit seiner Jungfer durften auch ein jeder dreimal herumtanzen. Bei jedem weiteren Tanz hatte die Braut das Vorrecht, einmal allein mit ihrem Tänzer um den Saal zu tanzen.

Die "Brautschau"dauerte bis in den Morgen hinein. Die Musik spielte das Paar zum Saal hinaus. Der Druschmann geleitete es heim. Er hielt das Licht, während der Bräutigam der Braut den Kranz vom Kopfe nahm. Die Hochzeit war aus.

(Geringfügig gekürzt. Überleitung durch "Kursiv" hervorgehoben!)



Alt-Marschendorfer Bauern-Hochzeitszug

Der Marschendorfer Hochzeitszug war ein Beitrag der Ortsgruppe Marschendorf des Deutschen Riesengebirgsvereins (DRGV) zu einem Heimatfest im Jahre 1935 in Trautenau. Es wird berichtet , dass bei einer weiteren Veranstaltung Voltin (24) und die Pischel Lina das Brautpaar darstellten. Das Bild stellte freundlicherweise Frau Frenzel aus Seebad Bansin zur Verfügung. Die Aufnahme wurde vom Atelier Jeschke in Freiheit gemacht.



Zum obigen Bild nachfolgend ein Namensverzeichnis, zusammengestellt von † Anne Polz geb. Just, (Tochter vom Fleescho-Hannes)

Nr.
Name
Spitzname
Ort
  Nr.
Name
Spitzname
Ort
1 Fries Hans und Frau Frießa Hannes Marschendorf IV.   20 Fries und Frau Frießa Lois (Frächter) Marschendorf IV.
2 Nikele und Frau Frießa Lois Marschendorf IV.   21 Demuth Herrmann Demuth Schmied Marschendorf IV.
3 Elstner und Frau Elstner Rudl und Flora Marschendorf IV.   22 Lorenz Finger Anne Oberkolbendorf
4 Brunecker und Schwester Brunecker Oswald und Schwester Marschendorf IV.   23 ? Kunza Pepp und Schwandtner Guste Marschendorf IV.
5 Schwandtner Josef und Frau   Niederkolbendorf   24 Just Valentin Voltin Tinl Marschendorf IV.
6 Steidler und Frau   Oberkolbendorf   25 Rischel Lina   Marschendorf IV.
7 Fries Frießa Bäcke und die Koschen Marschendorf IV.   26 Mißberger Ilse   Marschendorf III.
8 ? Thoma-Pauer und Frau Niederkolbendorf   27 Petak Else   Marschendorf IV.
9 Demuth und Frau Demuth Toon Kleine Gasse   28 Reindl Marlies   Dunkelthal
10 Petak alter Petak Marschendorf IV.   29 Elstner Wally   Marschendorf IV.
11 Legler Frieda   Marschendorf III.   30 ? Forstantstochter Marschendorf IV.
12 Meergans vom Forstamt   Dunkelthal   31 Plechatsch Gisela   Marschendorf IV.
13 Frenzel Demuth Tude Marschendorf II.   32 Oswald Bruneckers Sohn   Marschendorf IV.
14 Reiß Franz (Onkel von 13)   Oberkolbendorf   33 Plechatsch decke Plechatsch Oberkolbendorf
15 Bönsch und Frau Bönsch Polizist Marschendorf IV.   34 ?    
16 Schlögel und Frau Paula   Marschendorf III.   35 Plechatsch Plechatsch Schuldiener Marschendorf IV.
17 Schneider und Frau wohnte bei Kaufmann Braun   Marschendorf IV.   36 ?    
18 Petak und Frau junger Petak Marschendorf IV.   37 Demuth Julius oder Walter   Dörrengrund
19 Weihrauch und Frau   Dunkelthal   38 ?    


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